sonne winter09Veronika hat 16 Jahre lang in der Rollbergsiedlung gewohnt und war als Quartiersrätin und Projektpatin ehrenamtlich aktiv. Jetzt ist sie ins Brandenburgische gezogen, um mehr Ruhe und mehr Platz zu haben. In einem Interview erzählt sie, was ihr gut und was ihr weniger gut im Rollbergviertel gefallen hat.

Du warst eine Bewohnerin der Rollbergsiedlung. Wie lange hast Du hier gewohnt?
Von 2004 bis 2020 habe ich in der Rollbergsiedlung gewohnt, als Mitglied des Wohnprojekts AlWiG (Abkürzung für "Allein Wohnen in Gemeinschaft"), einer Gruppe von Senior*innen, die sich zusammengetan haben, um sich gegenseitig das Leben im Alter zu erleichtern.

Beschreibe bitte das Leben im Kiez aus deiner Sicht
Mir hat es gut gefallen, dass es hier im Kiez so viel Leben gibt und dass man unbehelligt vom Autolärm mit den Nachbarn ein Schwätzchen direkt vor der Haustür halten kann. Statt Autos und Straßen gibt es Spielplätze, viel Grün und Bänke. Schön fand ich auch den Türkisch-Unterricht im Café des Kiezankers, bei einer Frau, die dort arbeitete und die liebevolle Art, wie die türkischen Frauen dort mit mir umgegangen sind.
Was mich oft gestört hat, war der Vandalismus und der Krach auf dem High-Deck, vor allem in den Sommernächten. Da hätte ich mir oft ein Einschreiten der Security gewünscht.  
Auch hätte ich mir für die vielen älteren Menschen, die einen Rollator benutzen müssen, für die Menschen mit kleinen Kindern und auch für mich, die ich schlecht sehe, einen sicheren Fußgängerüberweg zu Rewe gewünscht.

Hattest Du manchmal Angst?
Nein, nie. Nach meiner Erfahrung haben die Jugendlichen mit Migrationshintergrund Respekt vor älteren Menschen. Jedenfalls wurde niemand aus unserer Gruppe bislang belästigt.

Was hat sich in den letzten Jahren in der Rollbergsiedlung verändert? Was war davon positiv und was negativ?
Da nur noch Menschen mit besonderem Wohnbedarf Wohnungen mieten können, fällt die soziale Durchmischung allmählich weg. Das tut wohl keinem Kiez gut.  
Meinen Wunsch nach einem „essbaren Neukölln“, das heißt einem Neukölln, wo statt Laubbäumen Obstbäume nachgepflanzt werden, hat die Stadt und Land mit der Pflanzung mehrerer Obstbäume, u.a. bei uns im Hof beantwortet. Das hat mich sehr gefreut, immerhin ein Anfang. Ebenfalls erfreulich war das gemeinsame Mittagessen bei MORUS 14! Das war immer ein Anlass auch mit anderen Kiezbewohnern ins Gespräch zu kommen.

Hast du Ideen, was im Kiez verbessert werden kann?
Auf jeden Fall die soziale Durchmischung nicht verloren gehen lassen! Und: Ich bin bestimmt kein Fan von Uniformen allüberall, doch würde ich mir mehr Polizeipräsenz nach Einbruch der Dunkelheit wünschen, um die meist jugendlichen Randalierer in ihre Schranken zu weisen.  

Hast du Ideen, was die Bewohner*innen von der Rollbergsiedlung selbst machen können?
Ja, zum Beispiel hin und wieder ein Hausfest auf einer der Terrassen feiern. Man würde sich besser kennenlernen, könnte Freunde finden, Hilfsangebote etc. austauschen, eine Art nebenan.de eben, aber in live, nicht nur virtuell. Eine andere Idee wäre eine "Speakers Corner" auf dem Falkplatz, wo jeder nach Londoner Vorbild, vielleicht mit einer festgelegten Redezeit seine Meinung äußern kann.

Du bist im Quartiersrat gewesen. Wie bist du zum Quartiersrat gekommen? Wie hast du davon erfahren?
Über Mitglieder von AlWiG bin ich zunächst in die Aktionsfondsjury gekommen und darüber dann in den Quartiersrat. Die Arbeit im Quartiersrat finde ich wichtig, man lernt sich gegenseitig kennen, diskutiert und überlegt gemeinsam, was verändert werden soll und kann. Die Mitarbeiter*innen dort sind sehr aufgeschlossen und hilfsbereit. Und man kann ein bisschen was im Kiez mitgestalten.

Warum hast du dich im Quartiersrat Rollbergsiedlung engagiert?
Ich wollte den Kiez von innen kennenlernen und soweit wie möglich mitgestalten.

Du warst Projektpatin von dem Projekt „Teilen, tauschen, reparieren“. Welche Erfahrungen hast Du gemacht?
Ich habe ab und zu bei den Treffen im Repair Café zugeschaut, hab auch selbst mal was reparieren lassen und dem Quartiersrat berichtet. Das lief wirklich gut, mit viel Engagement.

Was wird dein nächstes Projekt?
Ich bin nach Brandenburg gezogen, weil mir Neukölln zu laut und zu voll geworden ist. Ich brauche die Natur, mehr Ruhe und Platz um mich herum. Hier kann ich gärtnern, wandern und auch wieder Fahrrad fahren, ohne dass mich die Autoflut zu überrollen droht.

Zu guter Letzt: ein besonders schönes Erlebnis im Rollberg, was in Erinnerung bleiben wird?
Tja, das Zusammenleben mit meinen AlWiG‘s, die Zusammenarbeit mit den freundlichen Menschen im Quartiersrat und eben auch die Pflanzung der beiden Apfelbäume.

Liebe Veronika, vielen Dank für das Gespräch!

Interview: M. Hühn, 2020


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